mourning story

1. weihnachtsfeiertag, deidesheim – machen wir uns nichts vor. mit 92 kann man sich nicht mehr alles erlauben. „plötzlich“ ist so ein beispiel. plötzlich verstirbt man nicht, in dem alter, das viele nicht erleben. für „unerwartet“, der kleine bruder von „plötzlich“, gilt das gleiche: mit der zeit hat man sich an so vieles gewöhnt, dass man sich zwar noch gerne überraschen lässt, aber unerwartet passiert da nichts mehr.

mourning story
westfriedhof, münchen.

aber dann stirbst du eben doch plötzlich und unerwartet. den 93. geburtstag hatte nicht nur ich viel mehr erwartet, als die nachricht vom dienstag. es gab auch schon pläne für ein paar tage münchen im frühling 2013. klar, das mit den plänen und mit dem leben ist noch einmal ne ganz andere geschichte, aber die pläne waren nun wirklich alles andere als naiv.

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28.12., westfriedhof münchen – das letzte mal war ich vor sechs jahren hier. die sonne schien, als wir zuletzt und damals noch gemeinsam abschied nehmen mussten. die sonne wäre auch heute angemessen gewesen1, sie zeigte sich aber erst auf dem weg ins café. trotzdem war der tag alles andere als düster. hell wurde es immer, wenn die gedanken in die vergangenheit abschweiften.
als „eine bewundernswerte frau“ hat dich w heute beschrieben und sicher nicht nur mir dabei aus der seele gesprochen. wenige minuten später stand ich an deinem grab und habe mich verneigt. ich habe mich nicht nur verneigt, um die blume zu ergreifen, die ich gleich danach auf deinen sarg fallen lassen würde. ich wollte mich verneigen, als dankesgeste für deine uneingeschränkte zuneigung. als geste der wertschätzung für deine schier kompromisslose güte. keine ahnung, ob man das bemerkt hat. ich verneige mich nicht oft. und ich kann gar nicht abschätzen, was du alles für mich und meine familie getan hast.

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29.12., deidesheim – deine gespräche relativierten vieles von dem, was mir nicht gut getan hat und wenn ich dir von etwas tollem erzählen konnte, wurde das erlebte im gespräch noch viel schöner. dass mir die gespräche fehlen werden, ist kein geheimnis. dass du mir fehlen wirst, ist realität. dass ich die geschichten mit dir und von dir behalten darf, ist auch realität. und es ist ein geschenk. ich habe fest vor, das geschenk zu teilen. danke, tante edith.

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es wird zeit, das kartenspielen zu üben.

  1. „leuchtende tage.
    nicht weinen, dass sie vorüber.
    lächeln, dass sie gewesen.“
    (konfuzius)

2 Gedanken zu „mourning story“

Erwähnungen

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