hereinspaziert

„‚es ist schon okay, das kriegen wir schon wieder hin‘, sagte r, während ich irritiert auf die lache zwischen den splittern auf dem boden sah. meine beine drohten wegzuknicken. in immer schnelleren abständen wurde mir schwärzer vor augen. rs ‚hey, ist schon nicht so schlimm‘ nahm ich nur noch als dumpfes echo wahr und fiel in ohnmacht.
ich weiß nicht, wie schnell ich wieder bei bewusstsein war. bis ich wieder einen klaren gedanken fassen konnte mussten jedoch minuten vergangen sein. r saß besorgt neben mir und hielt meine hand, während der notarzt stumm die wunde an der stirn versorgte. ich versuchte den kopf zu heben. doch mit der kleinsten bewegung setzte ein wummern ein, als würde sich mein hirn jeden moment aus der rinde platzen. ‚bleib liegen‘, flüsterte r. ich blieb liegen.
r streichelte mir über die hand. das wummern im kopf ließ nach, wie früher, als man schmerzen noch wegpusten konnte. ein gefühl der geborgenheit breitete aus, während mein gesicht wieder gesündere farben annahm. ich hörte, wie der arzt seinen koffer schloss und durch die scherben den raum verließ. nicht ohne mir folgende worte auf den weg zu geben:
‚wenn die tür ersetzt worden ist, öffnen sie diese bitte in zukunft wieder mit der klinke.‘
und was soll ich sagen?! bis heute halte ich mich daran.“

zum gestrigen abschied

ich glaube wir haben viel gelacht. früher. als ich noch nichts von der welt verstand und du noch etwas lauter gesprochen hattest. in all meinen erinnerungen sehe ich dich lachen. dabei gab es wohl genug gründe ernster zu kucken. aber du hast gelächelt. auch später, da lag das lächeln nicht nur auf den lippen, sondern auch in den worten, die du immer leiser an deine umwelt gerichtet hast, die ich jedoch immer besser verstand.

du hast dir fremdsprachen beigebracht, als dein körper dir langsam die bewegungsfreiheit nahm. du hast irgendwann sogar verstanden, was es mit dem zivildienst auf sich hatte. zwar erst, als dir andere zivis zur seite stehen mussten, aber für diese einsicht hätte ich dir sogar noch mehr zeit gegeben.
du hattest viele vögel, alle hießen hutschi und hatten nummern. wenn der eine ging, kam ein nächster. sie haben immer so schön gesungen als ich zu besuch war. sie saßen im käfig am fenster und erfreuten sich an der aussicht bis ein tischtuch dem kanarienvogel seiner zeit die nacht brachte. ich haben jedem hutschi gerne zugesehen, am liebsten, wenn sie ein vogelbad nahmen, aber auch wenn sie ihre körner aßen oder wenn sie wasser aus ihren töpfchen tranken…

weißt du, gestern schien die sonne, als wir dich auf deinem letzten weg begleiteten. danach saßen wir zusammen und haben viel gelacht. auch wenn du häufig einen schritt neben solchen anlässen standest, hättest du sicher auch wieder gelächelt.

machs gut, onkel leo.